Empfang der Anti-Atom-Radtour 2022 in Riedlingen

Empfang der Anti-Atom-Radtour 2022 in Riedlingen

Wir sind heute hier, um gegen Atomenergie zu protestieren – sowohl gegen ihre zivile als auch gegen ihre militärische Nutzung. Wir freuen uns darauf, die bundesweite Anti-Atom-Radtour von ausgestrahlt begrüßen zu dürfen. Diese Tour geht durch ganz Deutschland und hält an vielen Orten, die durch Atomkraft betroffen waren oder noch sind.
Wir protestieren dagegen, dass Riedlingen als möglicher Standort für die Endlagerung von Atommüll benannt wird.

Die Forderung nach Weiternutzung der Atomkraft ist billiger Populismus der Atomlobby, und dieser Lobbyismus kommt uns teuer zu stehen. Die Forderung nach mehr Atomkraft kommt von den selben Leuten, 

– die die Energiewende seit Jahrzehnten blockieren

– die die Kohleförderung und -Verbrennung propagieren

– und die hunderttausende von Arbeitsplätzen im Bereich der Erneuerbaren zerstört haben

Nichts spricht dafür, dass diese PolitikerInnen die Zukunft unserer Zivilisation und die langfristig gesicherte Energieversorgung im Blick haben.

Unsere Atomkraftwerke können keine Gaskraftwerke ersetzen

2021 wurden nur 12% des in Deutschland verwendeten Erdgases zur Stromerzeugung genutzt. Das bedeutet, der Streckbetrieb der drei noch laufenden Atomreaktoren würde weniger als 1 Prozent Gas einsparen. 

Außerdem können Atomkraftwerke zwei ganz wichtige Funktionen von Gaskraftwerken nicht übernehmen:
1. Sie können die Strometze nicht stabilisieren, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, weil sie sich nicht wie Gaskraftwerke kurzfristig in ihrer Leistung hoch- und runterregeln lassen.
2. Sie erzeugen neben Strom keine Fernwärme, so wie viele Gaskraftwerke. Würden wir mit Atomkraft Gaskraftwerke ersetzen, müssten nicht wenige Menschen in Deutschland in diesem Winter frieren.

Unsere Atomkraftwerke sind nicht sicher

In Frankreich zeigt sich, wie gefährlich alternde Reaktoren sind: Von den 56 Reaktoren dort produziert aktuell weniger als die Hälfte mit voller Leistung Strom. Der Hauptgrund: Gefährliche Risse, die sich durch Korrosion an wichtigen Rohren gebildet haben. Risse derselben Art treten auch an deutschen Reaktoren auf – ein erhebliches Sicherheitsrisiko, wie es besonders beim AKW Neckarwestheim 2 bei Stuttgart besteht.

Unsere Atomkraftwerke sind nicht sicher – schon gar nicht im Weiterbetrieb.

Vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert eine Laufzeitverlängerung für die drei noch am Netz befindlichen Reaktoren Isar 2 in Bayern, Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg und Emsland in Niedersachsen. Der TÜV Süd sieht keine sicherheitstechnischen Bedenken für den Weiterbetrieb von Isar 2. Das Bundesumweltministerium bezeichnet das TÜV-Gutachten als nicht seriös. Kein Wunder: Der TÜV ist keine unabhängige Institution. Er verdiente an der Überwachung der AKWs allein in Bayern von 1990 bis 2015 675 Millionen Euro.

Seit 13 Jahren hat keine umfassende Sicherheitsprüfung der Reaktoren mehr stattgefunden. Das Atomgesetz schreibt so eine Überprüfung alle 10 Jahre vor. Die zuständigen Behörden  hatten 2019 wegen der zeitnah geplanten Stilllegung der Reaktoren auf die letzte Überprüfung verzichtet. Ein Weiterbetrieb über den Jahreswechsel ohne umfassenden Sicherheitscheck wäre also illegal. Würde nun der nötige Sicherheitscheck nachgeholt werden, würde dieser bis zu zwei Jahre dauern, das Kernkraftwerk müsste während dieser Zeit abgeschaltet werden. Es würde diesen Winter also keinen Strom produzieren!

Atomkraftwerke gefährden Leben und Gesundheit Millioner Menschen

Der Krieg in der Ukraine zeigt, dass Kriegsherren sich nicht davor scheuen, ein Atomkraftwerk anzugreifen, wie man erschreckenderweise am Atomkraftwerk in der Nähe von Saporischschja sehen kann. Es kann jederzeit als Schutzschild benutzt werden. Der dortige Kommandeur General Wassiljew droht unverhohlen damit, das Kernkraftwerk bei einer ukrainischen Offensive in die Luft zu jagen. Das wäre der „größte anzunehmende Unfall“ (GAU). 

Der Uranabbau zerstört Leben auf allen Kontinenten

Uranbergbau wurde auf allen Kontinenten betrieben, in Europa in Frankreich, Tschechien, und in der ehemaligen DDR. In Kanada, in den USA und in Australien liegen die Minen meist im Gebiet indigener Ethnien und wurden zum Teil mit brachialer Gewalt gegen deren Widerstand durchgesetzt. In den Abbauländern Afrikas basiert der Uran-Abbau auf kolonialen Ausbeutungsstrukturen. In Asien läuft der Abbau meist als geheime Staatsangelegenheit. Die Folgen, überall: Vertreibung der Menschen, die dort lebten, gigantische Tagebaulöcher, riesige Gesteinshalden, die über weite Landstriche schwermetallhaltigen und radioaktiven Staub verteilen, Verschmutzung von Grundwasser, Vergiftung  von allem Lebendigen. Aufgelassene Minen werden meist nicht saniert. Und falls doch: Die Kosten für die teilweise Sanierung der ehemaligen DDR-Mine wird heute schon mit rund 9 Milliarden Euro veranschlagt.

Atomkraft ist der teuerste Energielieferant Deutschlands

Eine  Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft beziffert die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Atomenergie-Nutzung zwischen 2007 und 2019 auf über 500 Milliarden Euro. Im Vergleich zu Windstrom betragen die Kosten für eine kW-Stunde Atomstrom das Doppelte bis vierfache. Die Unendlichkeitskosten für die Endlagerung des Atommülls sind dabei nicht eingerechnet. 

Atomenergie ist nicht zukunftsfest

Das zeigt die jüngste Situation in Frankreich.Frankreich musste diesen Sommer die Leistung seiner Atomkraftwerke massiv drosseln, weil die Kühlung durch die überhitzten Flüsse nicht mehr gewährleistet war. Deshalb muss es 20 Prozent seines Stroms importieren – unter anderem aus Deutschland. Die weiterhin zu erwartenden Dürren und Hitzewellen gefährden die Energieerzeugung aus Atomkraftwerken.

Atomkraft ist nicht klimafreundlich!

Die CO2-Emmission der Kernkraft liegt über der von Sonne, Wind und Wasser. 

Zudem verhindert die Diskussion um die Atomkraft echte Lösungen zur Verhinderung der Klimakatastrophe: Ein schneller Umstieg auf Erneuerbare Energien und Anstrengungen für weniger Energieverbrauch.

Weltweit gibt es kein einziges Endlager für Atommüll. 

Stattdessen wurde über Jahrzehnte das Meer als Endlager für Atommüll missbraucht. Und immer noch weiß niemand, wie man Atommüll für eine Million Jahre sicher lagern kann. Inzwischen gibt es 380 000 Tonnen hochradioaktiven Atommüll – und jedes Jahr kommen rund 10 000 Tonnen dazu – Atommüll, der nur unzureichend gesichert in sogenannten Zwischenlagern liegt. 

Niemand will ein Endlager vor seiner Haustür – auch Riedlingen nicht.

Die Diskussion um die Endlagersuche ist ein Beweis für die gesellschaftliche Hilflosigkeit im Umgang mit Atommüll. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung, die Riedlingen unter anderem als mögliche Endlagerstätte für Atommüll in Betracht zieht, steht massiv in der Kritik bezüglich Transparenz und Neutralität ihrer Arbeit. Bayerns Ministerpräsident Söder hat sich bereits kategorisch gegen ein Endlager in Bayern ausgesprochen. Auch wir sagen: kein Endlager in Riedlingen!

Atomenergie und Atomwaffen gehören zusammen

Die Idee der Energieerzeugung durch Atomkraft entstammt dem Atombomben-Denken. Atombomben benötigen Atomkraftwerke. Ohne diese könnten wir nicht weltweit über 13.000 Atombomben vorrätig haben. 

Dass auch in Europa die Folgen eines Atombombeneinsatzes denkbar sind, wird mit jedem Kriegstag greifbarer. Das 100-Milliarden-Euro-Aufrüstungspaket unserer Regierung dient auch der nuklearen Aufrüstung. Die am US-Atomwaffenstandort Büchel stationierten Atomwaffen sollen bis 2026 durch modernere Atomraketen ersetzt werden. Die neuen Kampfjets aus dem 100-Milliarden-Paket brauchen wir, um diese neuen Atombomben einsetzen zu können.

Das Prinzip der nuklearen Abschreckung ist abscheulich und menschenverachtend: Nukleare Abschreckung bedeutet, dass die eine Seite bereit ist, Atomwaffen einzusetzen und der Gegenseite das Wohl der eigenen Bevölkerung wichtiger ist als Nationalismus und Expansionswillen.

Es geht auch anders: 2017 haben 122 Staaten für ein Abkommen für ein Verbot von Atomwaffen gestimmt, das die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen vor die Vereinten Nationen brachte. Im Januar 2021 ist der Vertrag in Kraft getreten. Deutschland gehört nicht zu den Unterzeichnern.

Zusammenfassend stellen wir fest:

Atomenenergie bedroht Leben und Gesundheit von Millionen Menschen, belastet Tausende von Generationen mit strahlendem Müll, ist ineffizient, inkompatibel mit Erneuerbaren Energien und zudem die teuerste Art, Strom zu erzeugen. Atomenergie ist ein Irrweg.

Wir unterstützen den Bürgermeister von Riedlingen Marcus Schafft in seinem Einsatz dafür, dass Riedlingen den Majors for Piece beitritt. Die „BürgermeisterInnen für den Frieden“ – gegründet vom Bürgermeister von Hirishima setzen  sich weltweit für die Abschaffung aller Atomwaffen ein.

Von unserer Bundesregierung fordern wir: 
– Haltet euch an das beschlossene Gesetz und schaltet dieletzten drei AKWs in Deutschland zum 31.12.2022 ab!
– Schafft endlich die Atomwaffen aus Büchel weg!
– Unterzeichnet das Abkommen für ein Verbot von Atomwaffen

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